Nach einer Kündigung endet das Arbeitsverhältnis fast nie von einem Tag auf den anderen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben nämlich die Kündigungsfrist zu beachten. Wir erklären, wann welche Kündigungsfrist gilt und welchen Einfluss deine Betriebszugehörigkeit auf sie hat.
1. Welche Kündigungsfristen gelten im deutschen Arbeitsrecht?
Möchtest du oder möchte dein Arbeitgeber kündigen, muss im Vorfeld erst einmal berechnet werden, zu welchem Zeitpunkt ihr das Arbeitsverhältnis beenden könnt. Der Arbeitsvertrag kann grundsätzlich nicht von dem einen auf den anderen Tag enden. Wie viel Zeit zwischen der Kündigung und deinem letzten Arbeitstag liegt, ergibt sich aus der geltenden Kündigungsfrist.
Die Kündigungsfrist soll den Vertragsparteien die Gelegenheit geben, sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses einzustellen. Der Arbeitgeber erhält die Chance, die leere Stelle zu kompensieren, der Arbeitnehmer kann sich nach einem neuen Job umschauen.
Haben die Parteien nichts anderes untereinander vereinbart, gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen. Gleiches gilt, wenn der Arbeitsvertrag auf die gesetzliche Regelung verweist oder unwirksame Vereinbarungen enthält. Oft werden aber einzelvertraglich oder tarifvertraglich abweichende Fristen festgelegt. Diese können dann den gesetzlichen vorgehen.
2. Was sind gesetzliche Kündigungsfristen?
Schweigen Arbeits- und Tarifverträge über die Dauer der Kündigungsfrist, kommen die gesetzlichen Kündigungsfristen zur Anwendung. Dasselbe gilt, wenn die vertraglich vereinbarten Fristen unwirksam sind (was nicht selten vorkommt; insbesondere darf der Arbeitsvertrag die Kündigungsfrist nur sehr eingeschränkt verkürzen, s.u.). Die gesetzlichen Kündigungsfristen sind also nachrangig zu vertraglich bestimmten Fristen.
Während der Probezeit, die nicht länger als sechs Monate dauern darf, kann der Arbeitgeber dir zu jedem beliebigen Tag mit einer Frist von mindestens zwei Wochen kündigen.
Wichtig: Eine Probezeit durchläufst du nur, wenn dein Arbeitsvertrag eine solche vorsieht. Habt ihr euch nicht auf eine Probezeit geeinigt, gelten vom ersten Tag an die gewöhnlichen Kündigungsfristen.
Die Grundkündigungsfrist hingegen beträgt vier Wochen. Während der ersten zwei Jahre kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von vier Wochen zum 15. eines Monats oder zum Monatsende gekündigt werden. Aber Vorsicht: Vier Wochen sind 28 Tage und nicht ein Monat.
Beispiel: In Monaten mit 30 Tagen muss die Kündigung also entweder am 17. des Vormonats oder am 2. des laufenden Monats dem Gekündigten zugehen. Bei 31-tägigen Monaten am 18. oder am 3. des Monats.
Diese vierwöchige Kündigungsfrist gilt für den Arbeitgeber nur in den ersten zwei Jahren deiner Betriebszugehörigkeit. Anschließend verlängern sich die Fristen gemäß der Tabelle im nächsten Abschnitt.
Für dich als Arbeitnehmer gilt die Frist von vier Wochen (nach der vereinbarten Probezeit) während deines ganzen Arbeitsverhältnisses – sofern der Arbeits- oder Tarifvertrag nichts Anderes vorsieht.
3. Tabelle Betriebszugehörigkeit
Der Gesetzgeber schützt betriebstreue, typischerweise ältere Arbeitnehmer besonders, indem er ihnen bei zunehmender Betriebszugehörigkeit verlängerte Kündigungsfristen einräumt. Diese gelten grundsätzlich nur für die Kündigung des Arbeitgebers. Viele Arbeitsverträge schalten beide Fristen aber gleich, sodass sich auch die Kündigungsfrist für dich als Arbeitnehmer mit zunehmender Betriebszugehörigkeit immer weiter verlängert.
Betriebszugehörigkeit | Kündigungsfrist |
0 bis 6 Monate (Probezeit) | 2 Wochen zu jedem beliebigen Tag |
7 Monate bis zu 2 Jahren | 4 Wochen bis zum 15. oder Ende des Monats |
Ab 2 Jahren | 1 Monat bis zum Monatsende |
Ab 5 Jahren | 2 Monate bis zum Monatsende |
Ab 8 Jahren | 3 Monate bis zum Monatsende |
Ab 10 Jahren | 4 Monate bis zum Monatsende |
Ab 12 Jahren | 5 Monate bis zum Monatsende |
Ab 15 Jahren | 6 Monate bis zum Monatsende |
Ab 20 Jahren | 7 Monate bis zum Monatsende |
Achtung: Ist über deinen Arbeitgeber das Insolvenzverfahren eröffnet, beträgt die Kündigungsfrist für die Insolvenzverwaltung maximal drei Monate.
4. Die Kündigungsfrist im Arbeitsvertrag
Im Arbeitsvertrag können die Parteien durch einzelvertragliche Vereinbarungen von den gesetzlichen Kündigungsfristen abweichen. Das ist oft der Fall! Sobald dein Arbeitsvertrag andere Fristen vorsieht, haben diese Abmachungen grundsätzlich Vorrang. Jedoch sind die Vertragsparteien in der Gestaltung der Kündigungsfrist nicht völlig frei. Das Gesetz zeigt hier Grenzen auf. Werden diese überschritten, gelten wieder die gesetzlichen Fristen.
Eine Verlängerung der gesetzlichen Kündigungsfrist ist grundsätzlich möglich. Dabei darf die Kündigungsfrist für dich als Arbeitnehmer aber nie länger sein als für den Arbeitgeber. Eine geschriebene Obergrenze für die Frist gibt es nicht. Allerdings kann eine besonders lange Frist dich zu sehr in deiner beruflichen Bewegungsfreiheit einschränken. Eine dahingehende Vereinbarung könnte also ggf. unwirksam sein. Das ist allerdings nur unter besonderen Umständen der Fall. Hierzu muss die vereinbarte Frist die gesetzliche jedenfalls weit übersteigen. Das Bundesarbeitsgericht hat das zum Beispiel bei einer dreijährigen Kündigungsfrist angenommen (6 AZR 158/16).
Eine für Kündigungen des Arbeitgebers geltende kürzere Frist als die gesetzlich vorgesehene ist unzulässig. Sofern die vereinbarte Frist kürzer ist als die gesetzliche Frist, zählt nach dem Günstigkeitsprinzip die gesetzliche, also längere Kündigungsfrist. Eine Verkürzung per Arbeitsvertrag kommt nur in zwei Fällen infrage:
- Kündigung von Aushilfen: Nur ihnen gegenüber kann der Arbeitgeber die Kündigungsfrist beliebig verkürzen, wenn sie nicht länger als drei Monate beschäftigt sind.
- Unternehmen, die nicht mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigen, dürfen eine Frist von vier Wochen zu jedem beliebigen Tag vereinbaren.
Weitergehende Verkürzungen sind nur im Tarifvertrag möglich.
Auch die im Gesetz geregelten Kündigungstermine, der Fünfzehnte oder nach zwei Beschäftigungsjahren das Monatsende, sind zwingend und nicht verhandelbar. Die Vertragsparteien können lediglich weniger Kündigungstermine im Jahr festlegen; z.B. eine Kündigung nur zum Quartalsende erlauben. In diesem Punkt wird nur bei kleinen Unternehmen und für Aushilfen eine Ausnahme gemacht (s. schon oben).
5. Kündigungsfristen im Tarifvertrag
Wenn ein Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, hat auch dieser wieder vor den gesetzlichen Regelungen Vorrang. In Tarifverträgen sind weiterreichende Änderungen der Kündigungsfrist möglich als im Arbeitsvertrag: Die Grundfrist, die verlängerten Fristen und auch die Fristen während der Probezeit können beliebig verkürzt oder verlängert werden.
Widersprechen sich Tarifvertrag und Arbeitsvertrag im Punkt Kündigungsfrist, zählt allerdings die für den Arbeitnehmer günstigere Frist. Damit die gekündigte Person rechtzeitig auf die Folgen der Kündigung reagieren kann, sind grundsätzlich längere Fristen für sie/ihn besser.
Auch wenn die Parteien nicht tariflich organisiert sind, können die Regelungen des Tarifvertrages dennoch verpflichtend sein, wenn
- das Unternehmen zumindest im Geltungsbereich des Tarifvertrags liegt und der Arbeitsvertrag Bezug auf den Tarifvertrag nimmt; oder
- das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit den entsprechenden Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt.
6. Kündigungsfrist bei Kündigung durch Arbeitnehmer
Die gesetzliche Kündigungsfrist bei einer Kündigung durch den Arbeitnehmer ist weniger kompliziert. In der Probezeit kann der Arbeitsvertrag (wie durch den Arbeitgeber) mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen zu jedem beliebigen Tag gekündigt werden. Danach gilt eine Frist von vier Wochen zum 15. des Monats oder zum Monatsende.
Jedoch heißt es auch hier: Vereinbarungen in Arbeits- oder Tarifvertrag haben Vorrang. Allerdings darf für die Kündigung durch dich als Arbeitnehmer keine längere Kündigungsfrist vereinbart werden als für die Kündigung durch deinen Arbeitgeber.
7. Welche Nachteile hat eine zu kurz berechnete Frist?
In der Praxis kommt es häufig vor, dass der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben ein zu kurzfristiges Kündigungsdatum angibt.
Beispiel: Im Kündigungsschreiben ist die Rede davon, dass man dich „zum 31.10. entlässt“. Deine Kündigungsfrist läuft aber bis zum 30.11.
Jedoch bleibt auch bei einer falsch berechneten Frist die Kündigung an sich wirksam. Sie wird dann so ausgelegt, dass die Kündigung zum nächstzulässigen Zeitpunkt gelten soll. Davon gibt es nur wenigen Ausnahmen, in denen die Kündigung doch unwirksam ist. Die Arbeitsgerichte haben solche Fälle angenommen, in denen der Arbeitgeber sich bei der Angabe des das Ausstiegsdatum um ganze Jahre vertan hat.
Sollte das Arbeitsverhältnis aber tatsächlich mit zu kurzer Frist beendet werden, besteht für dich das Risiko einer Sperr- und Ruhenszeit beim Arbeitslosengeld I. Du musst dann damit rechnen, dass du nur verzögert und insgesamt weniger Arbeitslosengeld I erhältst. Ich empfehle dir daher, den Rat einer Rechtsanwältin für Arbeitsrecht zu suchen. Oft ist der richtige Weg, deine Kündigung gerichtlich klären zu lassen. So vermeidest du oft eine Sperrzeit und kannst bessere Konditionen (insbes. Abfindung) aushandeln.
8. Fazit
- Neben den gesetzlichen Kündigungsfristen können die Vertragsparteien in Arbeits- und Tarifverträgen abweichende Fristen festlegen. Diese Kündigungsfristen haben grundsätzlich Vorrang.
- Ist allerdings nichts anderes (wirksam) vereinbart, gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können mit einer Frist von vier Wochen zum 15. des Monats oder zum Monatsende kündigen. Mit steigender Betriebszugehörigkeit verlängert sich die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber.
- Eine Kündigung mit zu kurz berechneter Frist ist in der Regel trotzdem wirksam. Für den Arbeitnehmer besteht das Risiko einer Sperr- und Ruhenszeit beim Arbeitslosengeld I. Ich empfehle dir im Rahmen meiner Beratung meist, gerichtlich gegen die Kündigung vorzugehen.