Während Arbeitnehmer grundlos kündigen dürfen, können Arbeitgeber ihre Mitarbeitenden meistens nur entlassen, wenn ein gesetzlicher Kündigungsgrund vorliegt. Dabei müssen sie strenge Voraussetzungen beachten. Nicht selten sind Kündigungen von Arbeitgebern deshalb rechtswidrig. Eine erfahrene Anwältin für Arbeitsrecht kann in solchen Fällen beraten und unterstützen.
Hier liest du, unter welchen Umständen du als Arbeitnehmer gekündigt werden darfst. Möglicherweise ist auch deine Kündigung unzulässig und eine Anwältin für Arbeitsrecht kann dir helfen, deine Rechte zu wahren.
1. Ordentliche Kündigung
Für eine ordentliche, fristgerechte Kündigung braucht dein Arbeitgeber in aller Regel einen Kündigungsgrund. Leichter ist es für ihn nur, wenn das Arbeitsverhältnis ausnahmsweise nicht unter das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) fällt.
Dies ist nur der Fall, wenn:
- zehn oder weniger (Vollzeit-)Mitarbeiter in dem Betrieb beschäftigt sind.
- oder das Arbeitsverhältnis nicht länger als sechs Monate besteht (Warte- oder Probezeit).
In allen anderen Fällen genießt du den recht hohen Schutz des Kündigungsschutzgesetzes. Dieses legt fest, dass eine ordentliche Kündigung nur rechtmäßig ist, wenn ein personen-, betriebs- oder verhaltensbedingter Kündigungsgrund vorliegt.
Außerdem hat der Arbeitgeber einige formale Anforderungen einzuhalten. Dazu zählt insbesondere die Anhörung des Betriebsrats sowie ein persönlich unterzeichnetes Kündigungsschreiben, das dir zugehen muss. Hier kann die Beratung durch eine Anwältin für Arbeitsrecht entscheidend sein, um die Rechtmäßigkeit der Kündigung zu prüfen.
Zu den Kündigungsgründen:
a. Personenbedingte Kündigung
Eine personenbedingte Kündigung ist möglich, wenn du die vertraglich geschuldete Arbeit wegen persönlicher Umstände nicht mehr erbringen kannst. Eine Anwältin für Arbeitsrecht kann prüfen, ob alle Voraussetzungen für eine solche Kündigung erfüllt sind. Häufig geht es hierbei um Umstände, die du nicht direkt beeinflussen kannst. Der klassische Fall ist die Kündigung wegen Krankheit.
Andere Gründe sind zum Beispiel:
- Haftstrafe
- Führerscheinentzug, wenn du als Fahrer tätig bist
- Entzug der Berufserlaubnis (z.B. eines Arztes)
Gerade für die krankheitsbedingte Kündigung stellt die Rechtsprechung hohe Hürden auf. Eine Kündigung wegen Krankheit ist nur rechtmäßig, wenn:
1. Eine negative Gesundheitsprognose vorliegt
Es muss zu erwarten sein, dass du aufgrund deiner Krankheit die Arbeitsleistung in Zukunft nicht wie geschuldet erbringen kannst.
Bei der Prognose kann sich der Arbeitgeber zumindest grundsätzlich an vorherigen Fehltagen orientieren. Die Faustformel beträgt sechs Wochen pro Kalenderjahr. War ein Arbeitnehmer in den letzten Jahren bereits insgesamt 6 Wochen pro Jahr mit demselben Krankheitsbild arbeitsunfähig, kann dies tendenziell dafürsprechen, dass der Arbeitgeber in Zukunft mit ähnlichen Ausfällen rechnen muss.
Beispiel: A hat starke, unheilbare Migräne und war deshalb in den letzten beiden Beschäftigungsjahren bereits jeweils mehr als 7 Wochen mit Unterbrechungen krankgeschrieben. Sein Arbeitgeber kann daher erwarten, dass A auch in Zukunft häufig ausfallen wird. Aus diesem Grund kündigt er ihm personenbedingt.
Aber Achtung: Die Fehlzeiten der Vergangenheit sind nur ein Indiz! Wenn du nachweisen kannst, dass du in Zukunft seltener ausfallen wirst, sind deine vorherigen Fehltage irrelevant. Gemeint ist z.B. der Fall, dass dein Arzt die Genesung einer chronischen Erkrankung attestiert, die Auslöser für die Fehlzeiten war.
2. Wirtschaftliche Interessen des Arbeitgebers überwiegen
Eine krankheitsbedingte Kündigung ist nur möglich, wenn die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers ansonsten erheblich beeinträchtigt werden. Insbesondere müssen sie das schutzwürdige Interesse des Arbeitnehmers an einer Weiterbeschäftigung überwiegen. Hier kommt es u.a. auf die Dauer deiner Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten, Kosten für den Arbeitgeber aufgrund deiner Fehlzeiten und viele weitere Umstände an. Häufige Kurzerkrankungen, die immer wieder einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung auslösen, wiegen schwerer als ein lang andauernder Ausfall, der den Arbeitgeber nach Ablauf der sechs Wochen Entgeltfortzahlung „nichts mehr kostet“.
3. Kein milderes Mittel in Frage kommt
Die Kündigung wegen Krankheit kommt nur als letztes Mittel in Betracht. Zunächst muss geprüft werden, ob du auf einem anderen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kannst, auf dem deine körperliche Einschränkung nicht hinderlich ist.
Beispiel: Ein Dachdecker kann nach einem Bandscheibenvorfall ggf. auf einer freien Stelle in der Auftragsplanung eingesetzt werden.
Zu diesem Zweck „muss“ dir vorher ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) angeboten werden. In diesem Rahmen besprichst du mit dem Arbeitgeber, welche Stellen für dich in Betracht kommen und wie du nach langer/häufiger Krankheit wieder in den Betrieb integriert werden kannst. Lädt der Arbeitgeber dich nicht zum BEM ein, ist die Kündigung zwar nicht automatisch rechtswidrig. Den Arbeitgeber treffen aber härtere Beweisregeln. Nur wenn die Krankheit offenkundig mit jeder Beschäftigung im Betrieb unvereinbar ist, kann der Arbeitgeber ohne Abstriche auf das BEM-Angebot verzichten.
4. Kein Sonderkündigungsschutz besteht
Ab einem gewissen Grad kann eine langwierige Krankheit auch als Schwerbehinderung gelten. Dann dürfen Arbeitgeber nicht ohne behördliche Genehmigung kündigen.
b. Betriebsbedingte Kündigung
Wenn dein Arbeitgeber dich aus wirtschaftlichen Gründen nicht weiterbeschäftigen kann, wird er eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen. Eine Anwältin für Arbeitsrecht kann helfen, die Einhaltung der strengen Voraussetzungen zu überprüfen:
1. Dringende betriebliche Erfordernisse
Es müssen dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, die eine Weiterbeschäftigung unmöglich machen. Dabei kann es sich sowohl um außerbetriebliche Umstände (z.B. Umsatzrückgang) als auch um innerbetriebliche Veränderungen (z.B. Rationalisierungsmaßnahmen, Betriebsverkleinerung) handeln.
2. Keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit
Dein Arbeitgeber ist verpflichtet, dich vorrangig auf vergleichbaren, freien Arbeitsplätzen einzusetzen. Das gilt auch dann, wenn dafür eine zumutbare Umschulung notwendig wäre. Nur wenn keine solche Weiterbeschäftigungsmöglichkeit besteht, ist die Kündigung wirksam.
Achtung: Die Stelle gilt nur als „frei“, wenn sie noch während der Kündigungsfrist frei geworden ist. Offene Arbeitsplätze, die nach Ende der Kündigungsfrist entstehen, werden nicht berücksichtigt.
3. Richtige Sozialauswahl
Bei der Kündigung müssen Arbeitgeber auch soziale Gesichtspunkte berücksichtigen. Sie haben vorrangig diejenigen Arbeitnehmer zu entlassen, die die Kündigung am ehesten verkraften.
Dabei ist zu berücksichtigen:
- Dauer der Betriebszugehörigkeit (Betriebstreue soll belohnt werden)
- Schwerbehinderungen
- Unterhaltspflichten (z.B. gegenüber Kindern)
- Lebensalter (je höher, desto schutzwürdiger)
Innerhalb einer Vergleichsgruppe wird also vorrangig gekündigt, wer jung, gesund und kinderlos ist. Allerdings gibt es Möglichkeiten, insbesondere junge Talente im Unternehmen zu halten.
4. Zahlreiche weitere Anforderungen
Gerade die betriebsbedingte Kündigung ist besonders fehleranfällig. Der Arbeitgeber muss zahlreiche weitere Fallstricke beachten (u.U. eine Massenentlassungsanzeige). Das gilt besonders für einen umfangreichen Stellenabbau. Daher lohnt sich hier eine anwaltliche Prüfung ganz besonders.
c. Verhaltensbedingte Kündigung
Wenn du gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstößt, kannst du unter Umständen verhaltensbedingt gekündigt werden. Auch hier ist der Rat einer Anwältin für Arbeitsrecht wertvoll, um deine Optionen zu bewerten.
Anerkannte Gründe sind z.B.:
- Mangelhafte Arbeitsleistungen: Unpünktlichkeit, Arbeitsverweigerung, fehlerhafte Arbeit, zu langsame Arbeit, Minusstunden.
- Vertrauensverlust: Handgreiflichkeiten gegenüber Vorgesetzen oder Kollegen, Diebstahl am Arbeitsplatz, Arbeitszeitbetrug, sexuelle Belästigung.
- Störung der betrieblichen Ordnung: Mobbing, Beleidigungen, Alkohol-/Drogenkonsum während der Arbeitszeit, eigenmächtiger Urlaubsantritt, keine Krankschreibung.
Aber: Nicht bei jeder Pflichtverletzung darf dein Arbeitgeber sofort kündigen. Die ersten Verstöße berechtigen in aller Regel nur zur Abmahnung. Es kommt auf die Schwere der Pflichtverletzung an.
Beispiele:
- Unpünktlichkeit von weniger als 30 Minuten stellt keine besonders gravierende Pflichtverletzungen da. Bevor dein Arbeitgeber hier zur Kündigung greift, muss er dich mehrmals abmahnen. Ansonsten ist die Kündigung gerichtlich angreifbar.
- Dagegen stellen Straftaten gegen den Arbeitgeber meist einen sofortigen Kündigungsgrund dar. Bei sexueller Belästigung oder Diebstahl (jenseits von Bagatellen) muss dein Arbeitgeber dich in den meisten Fällen nicht vorher abmahnen.
Achtung: Die Abmahnung muss sich auf gleichartige Pflichtverletzungen beziehen.
Beispiel: A wurde bereits viermal wegen Unpünktlichkeit abgemahnt. Später in der Woche beleidigt er einen Kollegen mittelschwer. Sein Arbeitgeber darf ihn nicht direkt deswegen kündigen, sondern muss ihn auch wegen der Beleidigung zuerst abmahnen.
2. Außerordentliche fristlose Kündigung
Nach der Kündigung läuft in aller Regel zunächst die Kündigungsfrist ab. In dieser Zeit bleibst du weiter beschäftigt. In besonderen Ausnahmefällen kann eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein. Eine Anwältin für Arbeitsrecht kann beurteilen, ob die Voraussetzungen für eine solche Kündigung vorliegen. Es müssen schwerwiegende Gründe vorliegen, die das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen.
Diese Gründe können grundsätzlich nur in der Person des Arbeitnehmers liegen. Äußere Umstände, wie eine Insolvenz, berechtigen normalerweise nicht zur fristlosen Kündigung.
Anerkannte Gründe sind:
- Begehung einer Straftat zum Nachteil des Arbeitgebers
- Schweres Mobbing
- Körperliche Angriffe am Arbeitsplatz
- Betrug gegenüber dem Unternehmen oder Kunden
Aber: Eine Ausnahme besteht, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund tarifvertraglicher Vorschriften ordentlich unkündbar ist. Dann gibt es Situationen, in denen du auch ohne eigene Pflichtverletzung außerordentlich kündbar bist; zum Beispiel, wenn der Betrieb stillgelegt wird, und der Arbeitgeber dich deshalb unmöglich weiterbeschäftigen kann. Dann wird aber eine soziale Auslauffrist gewährt, die meist der ordentlichen Kündigungsfrist entspricht.
Der Arbeitgeber muss die außerordentliche Kündigung innerhalb von 2 Wochen aussprechen, nachdem er von dem Grund erfahren hat. Später kommt allenfalls noch eine Kündigung mit Frist in Betracht.
3. Was passiert bei einer unwirksamen Kündigung?
Hält sich der Arbeitgeber nicht an die gesetzlichen Kündigungsschutzvorschriften, ist die Kündigung unwirksam. Eine Anwältin für Arbeitsrecht kann dich in diesem Fall unterstützen und beraten, wie du vorgehen solltest:
1. Anwalt beauftragen
Ob die Kündigung wirklich rechtswidrig ist, kann eine erfahrene Anwältin für Arbeitsrecht beurteilen. Bevor du weitere Schritte unternimmst, solltest du dich daher beraten lassen.
2. Kündigungsschutzklage erheben
Mit Hilfe deiner Anwältin für Arbeitsrecht kann die Kündigung dann gerichtlich angegriffen werden. Gemäß § 4 S.1 KSchG hast du dafür ab Zugang der Kündigung nur drei Wochen Zeit. Es ist also Eile geboten!
Sollte das Arbeitsgericht deine Kündigung als unwirksam bewerten, wurde das ursprüngliche Arbeitsverhältnis nie beendet. Als Arbeitnehmer kannst du dann:
3. Gehalt nachfordern
Ein Rechtsprozess wegen Kündigung kann sich über mehrere Wochen und Monate erstrecken, in der der gekündigte Arbeitnehmer kein Gehalt bekommt. Gewinnt er den Prozess, muss er deshalb für die Zeit der Prozessdauer nachbezahlt werden.
Tipp: Im Regelfall befindet sich der Arbeitgeber dann auch im Verzug. Ohne die rechtswidrige Kündigung wäre die Auszahlung eigentlich früher erfolgt. Dem Arbeitnehmer steht also ein Nachzahlungsanspruch plus Verzugszinsen zu.
4. Eine Abfindung aushandeln
Viele Kündigungsschutzklagen führen erst gar nicht zu einem Urteil. Die Parteien einigen sich vorher oft auf eine Abfindung für den Arbeitnehmer. Im Gegenzug lässt dieser die Klage fallen und akzeptiert so die Kündigung.
4. Fazit
- Das Kündigungsschutzgesetz legt fest, dass eine ordentliche Kündigung nur rechtmäßig ist, wenn ein personen-, betriebs- oder verhaltensbedingter Kündigungsgrund vorliegt.
- Eine personenbedingte Kündigung ist möglich, wenn Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung wegen persönlichen Umständen nicht mehr erbringen können. Die meisten personenbedingten Kündigungen erfolgen wegen Krankheit des Arbeitnehmers.
- Wenn dringende betriebliche Erfordernisse eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unmöglich machen, kann dieser betriebsbedingt gekündigt werden. Vorrangig müssen diejenigen entlassen werden, die die Kündigung am ehesten verkraften können (Sozialauswahl).
- Wenn Arbeitnehmer gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen, können sie verhaltensbedingt gekündigt werden. Vorher müssen sie aber meist abgemahnt werden.
- Eine fristlose Kündigung kommt nur in Betracht, wenn schwerwiegende Gründe in der Person des Arbeitnehmers das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen.
- Gegen eine rechtswidrige Kündigung kann der Arbeitnehmer im Wege einer Kündigungsschutzklage vorgehen. Davor sollte eine Anwältin für Arbeitsrecht konsultiert werden.
Das Kündigungsschutzgesetz schützt Arbeitnehmer vor unrechtmäßigen Kündigungen. Bei Fragen oder Unsicherheiten ist die Beratung durch eine Anwältin für Arbeitsrecht ein wichtiger Schritt, um deine Rechte zu wahren.