In unserer arbeitsrechtlichen Praxis erreichen uns täglich Anfragen von verunsicherten Arbeitnehmern, die eine Kündigung ohne Angabe von Gründen erhalten haben. Die Frage nach der Notwendigkeit einer Begründung beschäftigt viele Betroffene. In diesem Beitrag erklären wir dir ausführlich, wann ein Arbeitgeber einen Kündigungsgrund angeben muss und welche Rechte du in dieser Situation hast.
1. Grundsätzliche Anforderungen an eine fristgerechte Kündigung
Die formalen Anforderungen an eine wirksame Kündigung sind im deutschen Arbeitsrecht klar geregelt. Grundsätzlich muss eine Kündigung schriftlich erfolgen – die elektronische Form oder eine mündliche Kündigung sind nicht ausreichend. Die Kündigung muss eindeutig und verständlich formuliert sein, sodass der Empfänger klar erkennen kann, dass das Arbeitsverhältnis beendet werden soll. Auch der Zeitpunkt der Beendigung sollte erkennbar sein.
Ein häufiges Missverständnis besteht darin, dass viele Arbeitnehmer davon ausgehen, jede Kündigung müsse automatisch begründet werden. Dies ist jedoch nicht der Fall. Das Gesetz schreibt für eine fristgerechte Kündigung zunächst keine Begründung vor. Die Situation stellt sich allerdings anders dar, wenn besondere Schutzrechte greifen oder spezielle betriebliche Vereinbarungen bestehen.
Fallbeispiel: Die Mitarbeiterin Sarah K. erhält von ihrem Arbeitgeber, einem kleinen Einzelhandelsgeschäft, eine schriftliche Kündigung zum Monatsende. Das Kündigungsschreiben enthält lediglich den Beendigungszeitpunkt, aber keine Begründung. Sarah ist seit drei Monaten im Unternehmen tätig. In diesem Fall ist die Kündigung auch ohne Angabe von Gründen formell wirksam.
2. Wann muss der Arbeitgeber einen Kündigungsgrund angeben?
Es gibt verschiedene Situationen, in denen der Arbeitgeber verpflichtet ist, die Gründe für eine Kündigung anzugeben. Dies ist besonders dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer unter besonderen Schutz fällt. Eine Begründungspflicht besteht beispielsweise bei:
Schwangeren und Müttern in der Schutzfrist: Hier muss der Arbeitgeber nicht nur einen Grund angeben, sondern auch nachweisen, dass dieser von der zuständigen Behörde genehmigt wurde. Der Kündigungsschutz gilt bis vier Monate nach der Entbindung, bei Fehlgeburten acht Wochen danach.
Menschen mit Schwerbehinderung: Bei schwerbehinderten Arbeitnehmern muss vor einer Kündigung die Zustimmung des Integrationsamtes eingeholt werden. Die Gründe müssen hier detailliert dargelegt und die besondere Situation des schwerbehinderten Menschen berücksichtigt werden.
Auszubildenden: Nach der Probezeit kann ein Ausbildungsverhältnis nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Diese Gründe müssen im Kündigungsschreiben konkret benannt werden, damit der Auszubildende die Möglichkeit hat, sich dagegen zu wehren.
Darüber hinaus können Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen eine Begründungspflicht vorsehen. Es lohnt sich daher immer, einen Blick in diese Unterlagen zu werfen.
3. Welche Besonderheiten gelten im Kündigungsschutz?
Wenn du unter den Kündigungsschutz fällst – also mehr als sechs Monate in einem Betrieb mit mehr als zehn Mitarbeitern beschäftigt bist – muss der Arbeitgeber zwar nicht direkt im Kündigungsschreiben die Gründe nennen. Allerdings muss er im Falle einer Kündigungsschutzklage die sozialen Rechtfertigungsgründe für die Kündigung darlegen und beweisen können.
Die Gründe müssen dabei einer der drei Kategorien entsprechen:
Bei einer personenbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber nachweisen, dass du aufgrund persönlicher Eigenschaften oder Fähigkeiten nicht mehr in der Lage bist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Ein klassisches Beispiel ist die langfristige Erkrankung ohne positive Gesundheitsprognose.
Im Falle einer verhaltensbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber dein Fehlverhalten konkret benennen und nachweisen. Meist muss auch eine vorherige Abmahnung erfolgt sein. Beispielsweise wiederholtes unentschuldigtes Fehlen oder Arbeitsverweigerung.
Bei einer betriebsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber darlegen, warum dein Arbeitsplatz wegfällt und warum eine Weiterbeschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz nicht möglich ist. Auch die korrekte Durchführung der Sozialauswahl muss er nachweisen können.
4. Wie kannst du die Kündigungsgründe erfragen?
Auch wenn keine Pflicht zur Begründung besteht, hast du das Recht, die Gründe für deine Kündigung zu erfragen. Wir empfehlen dabei folgendes Vorgehen:
Stelle zunächst ein höfliches schriftliches Auskunftsersuchen an deinen Arbeitgeber. Bitte darin um Mitteilung der Kündigungsgründe. Viele Arbeitgeber werden darauf reagieren, schon allein um zu zeigen, dass die Kündigung nicht willkürlich erfolgt ist.
Wenn du unter den Kündigungsschutz fällst, kannst du auch eine Kündigungsschutzklage einreichen. Im Rahmen des Gerichtsverfahrens muss der Arbeitgeber dann die Gründe offenlegen und beweisen. Wir unterstützen dich bei deiner Kündigungsschutzklage. Buche dir gerne einen Termin für ein kostenloses Erstgespräch.
Fallbeispiel: Der Projektmanager Thomas M. erhält nach 2 Jahren Betriebszugehörigkeit eine fristgerechte Kündigung ohne Begründung. Er schreibt seinen Arbeitgeber an und erfragt die Gründe. Im Antwortschreiben erfährt er von einer Umstrukturierung der Projektabteilung. Diese Information hilft ihm bei der Entscheidung, ob er rechtliche Schritte einleiten möchte.
5. Was tun bei einer Kündigung ohne Begründung?
Wenn du eine Kündigung ohne Begründung erhältst, solltest du nicht in Panik verfallen, sondern strukturiert vorgehen. Wir empfehlen folgende Schritte:
Prüfe zunächst deinen Status: Wie lange bist du schon im Unternehmen? Greift der Kündigungsschutz? Gibt es besondere Schutzrechte? Die Antworten auf diese Fragen bestimmen deine weiteren Handlungsmöglichkeiten.
Dokumentiere alle Umstände der Kündigung: Wann und wie wurde sie überreicht? Gab es vorher Gespräche oder Konflikte? Wurden Abmahnungen ausgesprochen? Diese Informationen können später wichtig werden.
Hole dir rechtliche Unterstützung: Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann deine individuelle Situation bewerten und die besten Handlungsoptionen aufzeigen. Beachte dabei die dreiwöchige Klagefrist, die mit Zugang der Kündigung beginnt.
6. Fazit
Die Frage, ob ein Arbeitgeber einen Grund für die fristgerechte Kündigung angeben muss, lässt sich nicht pauschal beantworten. Während es grundsätzlich keine gesetzliche Begründungspflicht gibt, existieren wichtige Ausnahmen für besonders geschützte Arbeitnehmergruppen. Wir von der Kanzlei Lachmund Law in Berlin raten dir, bei einer Kündigung ohne Begründung nicht vorschnell zu handeln, sondern die Situation rechtlich prüfen zu lassen. Oft ergeben sich Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Gegenwehr oder zumindest für Verhandlungen über eine Abfindung.