Vorsicht bei Formvorschriften für Arbeitsverträge: Warum ein formeller Fehler für das Berliner Start-Up Gorillas gravierende Folgen haben könnte

Bei Gorillas läuft es gerade nicht rund. Gleich mehrere Beschäftigte haben beim Arbeitsgericht Klagen eingereicht. Die Beschäftigten haben eigentlich auf ein Jahr befristete Arbeitsverträge, die aber bald auslaufen. Vor dem Arbeitsgericht versuchen sie eine Entfristung ihrer Arbeitsverträge zu erreichen, d.h. sie wollen, dass ihre befristeten Arbeitsverträge in unbefristete umgewandelt werden. 

❓Aber geht das denn so einfach? Im Fall von Gorillas läuft es wohl drauf hinaus, denn bei befristeten Arbeitsverträgen müssen im Gegensatz zu „normalen“ Arbeitsverträgen recht strenge Vorgaben eingehalten werden. Normale Arbeitsverträge können grundsätzlich auch mündlich geschlossen werden. Bei befristeten Arbeitsverträgen gilt eine strengere Form, nämlich die sog. Schriftform. Das hat zur Folge, dass die Verträge entweder per Hand oder mittels einer qualifiziert elektronischen Signatur (qeS) signiert werden müssen. Eine qeS ist ein unter Umständen recht aufwendiges und kostspieliges Zertifizierungsverfahren und wird deshalb in der Praxis wenig verwendet. Die qeS ist nicht zu verwechseln mit einer elektronischen Signatur, die mittlerweile von vielen Dienstleistern online angeboten wird.

❗️Viele, insbesondere junge und digital aufgestellte Unternehmen, scheinen diese strengen Vorgaben nicht auf dem Schirm zu haben. Zu verlockend in die Vielfalt an Dienstleistern, die eine komplette Digitalisierung der HR-Prozesse versprechen. Die Folgen sind fatal: Wenn die Schriftform bei befristeten Verträgen nicht eingehalten wird, ist die ganze Befristung unwirksam. Aus dem befristeten Arbeitsvertrag wird dann ein unbefristeter Arbeitsvertrag, der nur noch unter den strengen Regeln des Kündigungsschutzgesetzes beendet werden kann. Das gilt übrigens auch für die Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags, z.B. wenn ein auf ein Jahr befristeter Arbeitsvertrag noch einmal um ein weiteres Jahr verlängert werden soll.

➡️ Viele werden jetzt entgegnen: „Ist das denn überhaupt noch zeitgemäß?“ Darüber kann man sicherlich streiten, nur hilft es leider nicht weiter, wenn die gesetzlichen Vorgaben eindeutig sind. Deswegen gilt leider bis auf weiteres die Devise: Wer befristete Arbeitsverträge schließt, muss sicherstellen, dass die Schriftform eingehalten wird. Diese ist – sofern keine qeS verwendet wird – immer dann gewährleistet, wenn beide Seiten entweder je ein oder das gleiche Exemplar handschriftlich unterschreiben.

Wusstet Du, dass befristete Arbeitsverträge immer schriftlich geschlossen werden müssen? Über welche Formvorschriften bist Du in der Vergangenheit schon gestolpert?

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