Als Arbeitsrechtskanzlei Lachmund Law in Berlin beraten wir regelmäßig Arbeitnehmer bei Verhandlungen über Aufhebungsverträge. Eine der häufigsten Fragen dabei ist die nach der angemessenen Höhe der Abfindung. In diesem Beitrag erklären wir dir ausführlich, welche Faktoren die Abfindungshöhe beeinflussen und wie du in Verhandlungen die bestmögliche Abfindung erzielen kannst.
1. Grundlagen des Aufhebungsvertrags und der Abfindung
Ein Aufhebungsvertrag ist eine einvernehmliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Anders als bei einer Kündigung besteht hier keine gesetzliche Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung. Die Höhe der Abfindung ist vielmehr Verhandlungssache und hängt von verschiedenen Faktoren ab.
Der wesentliche Unterschied zur Abfindung bei einer Kündigung liegt in der Freiwilligkeit der Vereinbarung. Während bei einer Kündigung oft erst durch eine Kündigungsschutzklage der Weg zu einer Abfindung geebnet wird, ist die Abfindung beim Aufhebungsvertrag von Anfang an Gegenstand der Verhandlungen.
Fallbeispiel: Die Vertriebsmitarbeiterin Anna M. wird von ihrem Arbeitgeber zu einem Gespräch gebeten. Das Unternehmen möchte sich neu ausrichten und bietet ihr einen Aufhebungsvertrag an. Anders als bei einer betriebsbedingten Kündigung kann sie hier direkt über die Bedingungen der Trennung und die Höhe der Abfindung verhandeln.
2. Die Berechnung der Abfindungshöhe
In der Praxis hat sich eine Grundformel für die Berechnung von Abfindungen etabliert, die als Orientierung dient:
Abfindung = Bruttomonatsgehalt × Beschäftigungsjahre × Faktor
Das Bruttomonatsgehalt umfasst dabei alle regelmäßigen Zahlungen wie:
- Grundgehalt
- Regelmäßige Zulagen
- Durchschnittliche Provisionen
- Anteilige Jahressonderzahlungen (wie Weihnachts- und Urlaubsgeld)
Die Beschäftigungsjahre werden in der Regel auf volle Jahre aufgerundet. Der Faktor variiert typischerweise zwischen 0,5 und 1,5, wobei ein Faktor von 0,5 als Minimum und 1,0 als üblicher Ausgangspunkt gilt.
Fallbeispiel: Ein Arbeitnehmer mit 8 Jahren Betriebszugehörigkeit und einem Bruttomonatsgehalt von 4.000 € könnte folgende Abfindungen erwarten:
- Minimale Abfindung: 4.000 € × 8 × 0,5 = 16.000 €
- Übliche Abfindung: 4.000 € × 8 × 1,0 = 32.000 €
- Gute Verhandlungsposition: 4.000 € × 8 × 1,5 = 48.000 €
3. Einflussfaktoren auf die Abfindungshöhe
Die tatsächliche Höhe der Abfindung wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, die in die Verhandlungen einbezogen werden sollten:
Dringlichkeit des Arbeitgebers:
Wenn der Arbeitgeber ein besonderes Interesse an einer schnellen und reibungslosen Trennung hat, etwa bei Umstrukturierungen oder sensiblen Positionen, steigt deine Verhandlungsposition. In solchen Fällen sind Arbeitgeber oft bereit, einen höheren Faktor zu akzeptieren.
Kündigungsschutz und Erfolgsaussichten:
Je besser dein Kündigungsschutz und je schwieriger eine eventuelle Kündigung durchzusetzen wäre, desto höher sollte die Abfindung ausfallen. Besonders relevant sind hier:
- Langjährige Betriebszugehörigkeit
- Besonderer Kündigungsschutz (z.B. Schwerbehinderung)
- Starke Position des Betriebsrats
- Schwache Kündigungsgründe seitens des Arbeitgebers
Alter und Arbeitsmarktchancen:
Dein Alter und deine Perspektiven am Arbeitsmarkt spielen eine wichtige Rolle. Ältere Arbeitnehmer oder Beschäftigte in schwierigen Arbeitsmärkten können oft höhere Abfindungen aushandeln, da sie längere Zeiträume bis zur Neuanstellung überbrücken müssen.
Soziale Komponenten:
Auch persönliche Umstände können die Abfindungshöhe beeinflussen:
- Unterhaltspflichten
- Kredite oder andere finanzielle Verpflichtungen
- Gesundheitliche Einschränkungen
- Spezialisierte Qualifikationen, die den Wechsel erschweren
4. Verhandlungsstrategien für eine höhere Abfindung
4. Verhandlungs-
strategien für eine höhere Abfindung
Bei der Verhandlung eines Aufhebungsvertrags ist eine gut durchdachte Strategie entscheidend. Hier sind die wichtigsten Aspekte für erfolgreiche Verhandlungen:
Gründliche Vorbereitung:
Sammle alle relevanten Informationen über deine Position im Unternehmen, deine Rechte und die wirtschaftliche Situation des Arbeitgebers. Je besser du vorbereitet bist, desto selbstbewusster kannst du in die Verhandlungen gehen.
Timing der Verhandlungen:
Der richtige Zeitpunkt kann entscheidend sein. Oft bieten sich günstige Verhandlungspositionen:
- Vor wichtigen Projekten oder Kundenbeziehungen
- In Zeiten von Umstrukturierungen
- Bei sensiblen Unternehmenssituationen
Alternative Leistungen:
Neben der reinen Abfindungssumme können weitere Leistungen verhandelt werden:
- Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung
- Übernahme von Outplacement-Beratung
- Fortführung von Firmenwagen oder anderen Benefits
- Positive Referenzen und qualifiziertes Arbeitszeugnis
5. Steuerliche Aspekte und Optimierungsmöglichkeiten
5. Steuerliche Aspekte und Optimierungs-
möglichkeiten
Die steuerliche Behandlung der Abfindung spielt eine wichtige Rolle für den tatsächlichen Nettobetrag, der bei dir ankommt. Das deutsche Steuerrecht bietet hier einige Gestaltungsmöglichkeiten:
Die Fünftelregelung:
Diese besondere Besteuerungsmethode verteilt die Abfindung rechnerisch auf fünf Jahre, was oft zu einer niedrigeren Steuerlast führt. Die optimale Nutzung dieser Regelung erfordert eine sorgfältige Planung des Auszahlungszeitpunkts.
Gestaltungsmöglichkeiten:
- Verschiebung der Auszahlung in das Folgejahr bei geringerem zu erwartenden Einkommen
- Aufteilung der Abfindung auf mehrere Jahre
- Kombination mit anderen Steuerfreibeträgen
Sozialversicherungsrechtliche Aspekte:
Abfindungen sind in der Regel sozialversicherungsfrei. Dies sollte bei der Verhandlung der Gesamtvergütung berücksichtigt werden.
6. Fazit
Die Höhe der Abfindung bei einem Aufhebungsvertrag ist das Ergebnis komplexer Verhandlungen und wird von vielen Faktoren beeinflusst. Wir von der Kanzlei Lachmund Law in Berlin empfehlen, sich vor solchen Verhandlungen professionell beraten zu lassen. Eine gute Vorbereitung und Kenntnis der eigenen Verhandlungsposition sind entscheidend für das Erzielen einer angemessenen Abfindung. Beachte auch die steuerlichen Aspekte, da diese erheblichen Einfluss auf den tatsächlichen Nettobetrag haben können.