In unserer arbeitsrechtlichen Praxis bei Lachmund Law in Berlin werden wir häufig gefragt, ob der Arbeitgeber bei einer Kündigung einen Grund angeben muss. Die Antwort darauf ist nicht so einfach, wie viele denken. Dieser Blogbeitrag klärt auf, wann Kündigungsgründe angegeben werden müssen und welche Rechte Arbeitnehmer haben. Folgende Fragen werden wir im Detail beantworten:
1. Wann muss ein Kündigungsgrund angegeben werden und wann nicht?
Grundsätzlich muss der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben keine Gründe darlegen. Die Pflicht zur Angabe von Kündigungsgründen hängt von verschiedenen Faktoren ab:
Keine Pflicht zur Grundangabe besteht:
- Während der Probezeit
- In Kleinbetrieben mit bis zu 10 Mitarbeitern
- In den ersten 6 Monaten des Arbeitsverhältnisses
Grundangabe ist erforderlich:
- Bei Betrieben mit mehr als 10 Mitarbeitern nach 6 Monaten Betriebszugehörigkeit
- Bei außerordentlichen (fristlosen) Kündigungen
- Wenn der Betriebsrat beteiligt werden muss
Beispiel: Ein Arbeitgeber mit 15 Mitarbeitern kündigte einer langjährigen Mitarbeiterin ohne Angabe von Gründen. Im späteren Kündigungsschutzprozess musste er die Gründe darlegen und nachweisen.
2. Welche Kündigungsgründe sind rechtlich zulässig?
Das Kündigungsschutzgesetz kennt drei Arten von Kündigungsgründen:
Personenbedingte Gründe, z.B.:
- Langzeiterkrankung
- Häufige Kurzerkrankungen
- Fehlende Qualifikation
- Verlust notwendiger Erlaubnisse (z.B. Führerschein)
Verhaltensbedingte Gründe, z.B.:
- Wiederholte Arbeitsverweigerung
- Häufige Verspätungen
- Diebstahl oder Betrug
- Beleidigungen von Vorgesetzten oder Kollegen
Betriebsbedingte Gründe, z.B.:
- Wegfall des Arbeitsplatzes
- Umstrukturierungen
- Betriebsschließung
- Auftragsmangel
3. Was gilt bei einer fristlosen Kündigung?
Bei außerordentlichen Kündigungen gelten besondere Regeln:
- Grund muss immer schriftlich mitgeteilt werden
- Mitteilung auf Verlangen des Arbeitnehmers unverzüglich
- Zwei-Wochen-Frist für Ausspruch der Kündigung nach Kenntnis der Gründe
- Nur bei schwerwiegenden Verstößen zulässig
Wichtige Voraussetzungen:
- Wichtiger Grund erforderlich
- Vorherige Abmahnung in vielen Fällen notwendig
- Interessenabwägung muss Fortsetzung unzumutbar machen
4. Wie kann man sich gegen eine Kündigung ohne Grund wehren?
Folgende Schritte sind empfehlenswert:
- Kündigungsschutzklage innerhalb von 3 Wochen einreichen
- Schriftliche Nachfrage nach den Kündigungsgründen
- Betriebsrat einschalten (falls vorhanden)
- Beweise sichern und Zeugen benennen
Beispiel: Ein Arbeitnehmer erhielt eine Kündigung ohne Begründung. Im Kündigungsschutzprozess konnte der Arbeitgeber keine nachvollziehbaren Gründe vorbringen. Die Kündigung wurde für unwirksam erklärt.
5. Welche Besonderheiten gelten in der Probezeit?
Während der Probezeit gilt:
- Keine Pflicht zur Grundangabe
- Kürzere Kündigungsfrist (2 Wochen)
- Kein allgemeiner Kündigungsschutz
- Aber: Schutz vor diskriminierenden Kündigungen
Ausnahmen vom freien Kündigungsrecht:
- Schwangerschaft
- Schwerbehinderung
- Diskriminierungsverbot nach AGG
7. Fazit
Die Frage, ob bei einer Kündigung Gründe angegeben werden müssen, lässt sich nicht pauschal beantworten. Es kommt auf verschiedene Faktoren wie Betriebsgröße, Beschäftigungsdauer und Art der Kündigung an. In vielen Fällen muss der Arbeitgeber zwar im Kündigungsschreiben selbst keine Gründe nennen, muss diese aber spätestens im Kündigungsschutzprozess darlegen und beweisen.
Für Arbeitnehmer ist es wichtig, die eigenen Rechte zu kennen und bei einer Kündigung schnell zu handeln. Die dreiwöchige Klagefrist ist dabei unbedingt zu beachten. Eine rechtliche Beratung kann helfen, die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage einzuschätzen.