Muss ich die Abfindungszahlung versteuern?

1. Was ist eine Abfindung?

Eine Abfindung ist eine einmalige Sonderzahlung, die der Arbeitgeber an dich als Arbeitnehmer leistet. In aller Regel spielt die Abfindung eine Rolle, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis beenden möchte. Sie hat meist zwei Gründe:

  • Zum einen soll sie die Härten einer Kündigung für dich abfedern.
  • Zum anderen möchte der Arbeitgeber dich mit der Abfindung meist dazu bewegen, keine Kündigungsschtuzklage gegen deine Entlassung einzulegen. Oft erhältst du die Abfindung deshalb nur, wenn du die Kündigung endgültig hinnimmst.

2. Wie hoch ist eine Abfindung in der Regel?

Eine pauschal festgelegte Höhe für die Abfindung gibt es nicht. Den größten Einfluss hat das Verhandlungsgeschick der Parteien. Deshalb ist es wichtig, dass du dich von einer erfahrenen Anwältin für Arbeitsrecht vertreten lässt.

Zur ersten groben Orientierung kannst du diese Formel heranziehen:

0,5 Monatsgehälter (brutto) x Anzahl Beschäftigungsjahre

Beispiel:

Du warst über fünf Jahre zu einem Bruttolohn von 4.000 € im Unternehmen beschäftigt. Nach dieser Formel kannst Du mit einer Abfindung von 10.000,- € rechnen.

Liegt das Abfindungsangebot deines Arbeitgebers deutlich darunter, kannst du in den Verhandlungen womöglich einen höheren Betrag erzielen. Aber: Welche Höhe genau realistisch ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Großen Einfluss hat, wie gut der Arbeitgeber seine Kündigung begründen kann. Würde das Arbeitsgericht die Entlassung wahrscheinlich für unwirksam erklären, hast du Chancen auf eine lukrative Abfindung, die die o.g. Formel weit übersteigt. Selbst wenn der Arbeitgeber gute Gründe für deine Entlassung nennen kann, ist er oft trotzdem bereit, zumindest eine geringe Abfindung zu zahlen, um jedes Risiko auszuschließen.

3. Habe ich Anspruch auf eine Abfindung?

Viele Arbeitnehmer gehen davon aus, dass ihnen nach dem Ausscheiden in jedem Fall eine Abfindung zustehe. Das ist in der Form aber nicht richtig. Sowohl nach einer Kündigung als auch bei einem Aufhebungsvertrag besteht kein allgemeiner Anspruch auf eine Abfindung. In bestimmten Konstellationen gibt es allerdings Ausnahmen davon:

  • Vor einem Stellenabbau in großer Zahl vereinbaren Arbeitgeber und Betriebsrat einen Sozialplan. Darin legen die Parteien oft auch eine Abfindung für ausscheidende Arbeitnehmer fest.
  • Wenn die Kündigung zwar rechtswidrig, eine Zusammenarbeit der Parteien aber nicht mehr zumutbar ist, kann das Gericht den Arbeitgeber zu einer Abfindungszahlung verpflichten.
  • Wenn ein Tarifvertrag auf dein Arbeitsverhältnis anwendbar ist, sollte dieser auf mögliche Regelungen zur Abfindung geprüft werden. Auch Tarifverträge sehen nämlich gelegentlich einen Anspruch auf Abfindung für ausscheidende Arbeitnehmer vor.
  • Dasselbe gilt für Arbeitsverträge von leitenden Angestellten.
  • Wenn du Glück hast, bietet der Arbeitgeber mit der Kündigung auch direkt eine Abfindungszahlung an.
 

Aber Vorsicht! Nimm das Abfindungsangebot deines Arbeitgebers nicht ungeprüft hin. In vielen Fällen lässt sich ein höherer Betrag aushandeln.

Selbst wenn kein Anspruch besteht, hast du oft trotzdem gute Chancen auf eine Abfindung. Die Zahlung ist nämlich auch für den Arbeitgeber sinnvoll. Insbesondere vermeidet sie lange und teure Prozesse mit unsicherem Ausgang. Während deren Dauer kann dein Arbeitgeber die Arbeitsstelle nicht adäquat verplanen und muss Dir, wenn die Kündigung unwirksam war, den ganzen rückständigen Lohn zahlen. Als Arbeitnehmer hast du deshalb eine gute Verhandlungsposition, wenn du anbietest, keine Klage zu erheben bzw. eine bereits erhobene Klage fallen zu lassen.

4. Muss ich meine Abfindung versteuern?

Bis 2003 war die Abfindung steuerfrei, seit 2006 ist sie aber einkommensteuerpflichtig.

Das bedeutet für viele Arbeitnehmer eine vergleichsweise hohe Steuerbelastung. Je höher das Einkommen, desto höher der Steuersatz. Durch die hohe Einmalzahlung steigt das zu versteuernde Einkommen in einem Jahr rasant an. Auf dein erhöhtes Gesamteinkommen fällt daher grundsätzlich ein höherer Steuersatz an als auf das Einkommen in den Jahren zuvor.

  • Die Fünftelregelung kann insofern Entlastung schaffen (s.u.).
  • Die Berechnung und Abführung übernimmt grundsätzlich dein Arbeitgeber.
  • Sozialabgaben fallen auf die Abfindung nicht an.

Vorsicht: Sozialabgaben werden doch fällig, soweit in deiner Abfindung noch offenes Gehalt oder deine Urlaubsabgeltung versteckt ist. Dazu kommt es, wenn du mit deinem Arbeitgeber vereinbarst, dass offene Lohnansprüche oder deine finanzielle Entschädigung für nicht genommenen Urlaub schlicht auf deine Abfindung aufgeschlagen werden.

5. Was ist die Fünftelregelung?

Den Effekt, dass die Abfindung für dich zu einem höheren Steuersatz führt, fängt die sogenannte Fünftelregelung zumindest teilweise wieder auf.

Abfindungszahlungen werden steuerrechtlich nach § 34 EStG als außerordentliche Einkünfte eingeordnet. Der Fiskus wendet dabei im Prinzip auf die gesamte Abfindung den Steuersatz an, der gelten würde, wenn deine Abfindung nur ein Fünftel der tatsächlichen Zahlung betragen würde.

Im Detail funktioniert die Fünftelregelung wie folgt:

  • Zunächst wird berechnet, wie viel Steuern du im entscheidenden Jahr ohne die Abfindung zahlen würdest.
  • Nun addiert man zu deinem regulären Jahreseinkommen ein Fünftel der Abfindung.
  • Jetzt wird berechnet, wie viel Steuern auf dieses Einkommen anfallen.
  • Im vierten Schritt ist die Differenz von der Steuerlast mit und ohne dem einen Fünftel der Abfindung zu bilden.
  • Diesen Betrag wird mit 5 multipliziert, um die steuerliche Gesamtbelastung für deine Abfindung zu erhalten.

Beispiel: Ein alleinstehender Arbeitnehmer bezieht ein jährliches Einkommen von 26.000 Euro brutto, worauf 2022 Einkommenssteuer in Höhe von 3.776 Euro zu zahlen wäre. Er erhält aber nun eine Abfindung in Höhe von 10.000,- Euro, die zu einem Fünftel (also 2.000 Euro) auf das Einkommen aufgerechnet wird. Auf die daraus hervorgehenden 28.000 Euro wäre für 2022 Einkommenssteuer in Höhe von 4.356 Euro fällig. Der Differenzbetrag zwischen Steuerlast ohne und mit Abfindungszahlung beträgt also 580 Euro. Diese Differenz wird dann verfünffacht, macht 2.900 Euro Einkommenssteuer auf die Abfindung. Für das ganze Jahr 2022 fallen somit 3.776 + 2.900 = 6.676 Euro Einkommenssteuer an. Ohne Fünftelregelung würde die Steuerlast hingegen um 161 Euro höher ausfallen.

6. Bringt eine bestimmte Regelung zum Auszahlungszeitpunkt finanzielle Vorteile?

Unter Umständen kann es sinnvoll sein, die Auszahlung der Abfindung in das kommende Kalenderjahr zu schieben. Das ist dann sinnvoll, wenn aufgrund geringerer Einkünfte im kommenden Jahr (etwa, weil noch kein neuer Job in Aussicht ist) deine Einkommenssteuer deutlich niedriger ausfallen wird.

Wenn du bereits ohne Abfindung (knapp) den Spitzensteuersatz auf dein Einkommen zahlst, senkt auch die Fünftelregelung die Steuerlast nicht ab. Verschiebst du aber durch eine entsprechende Einigung mit dem Arbeitgeber die Auszahlung der Abfindung in das nächste Kalenderjahr, in dem du ggf. Arbeitslosengeld I beziehen wirst, zahlst du auf die Abfindung grundsätzlich einen geringeren Steuersatz.

Um ähnliche Effekte wie durch die Fünftelregelung zu erzielen, kannst du auch eine „ratenweise“ Auszahlung deiner Abfindung über mehrere Jahre mit deinem Arbeitgeber vereinbaren. Streckst du die Zahlung auf mehr als fünf Jahre, verstärkt sich der Spareffekt noch. Allerdings hast du dann zwei Nachteile:

  • Du kannst das Geld in der Zeit nicht anlegen und verlierst Renditeerträge.
  • Wird das Unternehmen zwischenzeitlich geschlossen oder rutscht es in die Insolvenz, erhältst du die ausstehenden Tranchen nicht mehr (bzw. allenfalls Bruchteile)

Alternativ kannst du deine Abfindung auch in die betriebliche Altersvorsorge oder die gesetzliche Rente einzahlen. Auch dann fallen allerdings Steuern an. Hinzu kommt jedenfalls im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge, dass nun auch Sozialbeiträge fällig werden.

7. Wann findet die Fünftelregelung keine Anwendung?

Die Fünftelregelung findet nur Anwendung, wenn die Abfindung in einem Jahr entweder auf einmal oder in mehreren Raten ausbezahlt wird. Erhältst du hingegen mehr als zehn Prozent der Abfindung erst im folgenden Jahr, ist die Fünftelregelung nicht anwendbar und die Steuerlast fällt entsprechend höher aus.

Außerdem müssen sich innerhalb des Kalenderjahres deine Einkünften ballen, also höher als zuvor ausfallen. Das heißt, die Abfindung sowie andere Einnahmen, die aus der Vertragsbeendigung bis zum Jahresende fließen, müssen höher sein als der  Arbeitslohn, der bis zum Jahresende ohne die Beendigung noch angefallen wäre. Wirst du gleich zu Beginn des Jahres entlassen und beziehst anschließend ALG I, ist diese Voraussetzung oft nicht erfüllt. Da dein Einkommen über das Jahr aber ohnehin geringer ausfällt, springst du durch die Abfindung auch nicht in einen höheren Steuersatz.

8. Wo muss ich die Abfindung in der Steuererklärung angegeben?

Die Abfindung ist in der Steuererklärung in der Anlage N anzugeben, wenn die Fünftelregelung Anwendung findet. Ist das ausnahmsweise nicht der Fall, ist die Abfindung in Zeile 18 anzugeben,

die darauf anfallende Lohnsteuer und der Solidaritätszuschlag in Zeile 19 und die Kirchensteuer in Zeile 20.

9. Fazit

  • Arbeitnehmer haben grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Abfindung, wenn nicht eine besondere Regelung vorliegt. Trotzdem werden Abfindungen häufig gezahlt, um eine Kündigungsschutzklage zu umgehen.
  • Die Höhe der Abfindung ergibt sich vor allem aus dem Verhandlungsgeschick der Parteien. Häufig haben aber sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber Interesse an Beendigung mit Abfindungszahlung.
  • Die Abfindung musst du versteuern. Mit der sogenannten Fünftelregelung oder bestimmten Gestaltungen kannst du die Steuerlast aber etwas senken.
  • Anzugeben ist die Abfindung in der Anlage N der Steuererklärung.

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